Pape’ete auf Tahiti Nui: Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Die polynesische Hauptstadt Pape’ete ist für viele Urlauber der erste Kontakt mit der Südsee. Aus unserer Weltumsegler-Perspektive ist sie eine Werft, drei Bootsausstatter und der größte Carrefour-Supermarkt der Nation. Aber sie ist eben doch ein wenig mehr: Etwas charmelos, etwas angegraut (was sich für Beton der sechziger nicht wirklich gut macht) aber voller wirklich netter Leute. Sie machen auch den Unterschied zu den architektonisch nicht ganz unterschiedlichen Kleinstädten Lateinamerikas.

Nach über fünf Monaten ohne eine Marina anzulaufen haben sich einige Arbeiten angesammelt, für die wir shoppen müssen. Die Werft hat einen guten Fiberglas-Spezialisten und endlich können wir die ständig brechenden Luftansaugschutzhauben (was für ein Wort) unserer Lagoon durch stabile Teile aus Glasfaser ersetzen. In fünf Monaten haben wir weniger als zweihundert Liter Diesel verbraucht, trotzdem wollen wir die Vorräte ergänzen, da wir uns vor Indonesien keine Hoffnungen auf guten Treibstoff machen. Unser Lazy-Bag (der Riesenbeutel, der beim Bergen unser Großsegel am Baum aufnimmt) ist in der Sonne extrem dünn geworden, auch ihn wollen wir ersetzen.

Zu guter Letzt fing am letzten Ankerplatz eine der Toiletten an zu lecken. Zugegeben: Mache würden das als Geschäftsidee verstehen. Für uns bedeutet es dann doch nur „Schwarzwasser“ (aka Jauche), Haare im „Wursthäcksler“, aufgeweichte Dichtungen und jede Menge bester Gerüche. Beim Auseinanderbauen bricht das Häckslergehäuse. Ich fange an, mich ernsthaft in den Beraterjob zurückzuwünschen. Wir sollten allerdings großes Glück haben. Die Ersatzteilfee ist auf unserer Seite und ich finde das Bauteil tatsächlich beim chinesischen Schiffsausstatter verstaubt unter einem Haufen Duschschläuche in der untersten Ebene eines versteckten Regals. Es rettet unseren Tag! Nun gut, wenn man das so nennen darf. Bedeutet es doch, dass ich nicht einfach die Toilette auf unbegrenzte Zeit schließen und vergessen kann. Stattdessen nochmal in die Abwasserpfütze gelegt und den Häcksler ausgebaut. Südseeträume.

Die neue Marina von Pape’ete ist allerdings eine Ernüchterung: Sehr teuer (wir zahlen etwa 70 Euro pro Nacht), ohne Service (wir sollen uns unseren Platz selbst aussuchen, keine Dock-Hands, die unserer kleinen Crew mit den Leinen helfen) und Schulterzucken, als am Freitag das Wasser ausfällt. Bis Mittwoch nächster Woche wird es nicht repariert. Die Duschen sind schon vier Monate nach Eröffnung ziemlich hinüber, in den Toiletten haben die Wände Löcher. Nicht so toll, bei dem Preis.

Egal. Alytes liegt fest, wir schaffen alle Arbeiten. Dazwischen genießen wir den leicht schäbigen Charme der Stadt. Hier vermengt sich Côte-d’Azur mit Südsee. Metro-Franzosen mit Polynesiern. Poisson-Cru mit großartigem Kaffee, frische Säfte, Pizza und Pfannekuchen für Mina. In der Marina viele Kinder (komischerweise hauptsächlich Mädchen). Lustig sind immer die Kontakte mit „richtigen Touristen“, für die hier der Traum vom großen Urlaub oder den Flitterwochen in der Südsee in Erfüllung geht. Wir sind dankbar und freuen uns riesig, dass wir mehr Zeit haben. Dabei lachen wir darüber, wie sich ein Ort durch diesen einfachen Perspektivwechsel so unterschiedlich darstellt: Für die einen eines der schönsten Erlebnisse der letzten Jahre, für uns Arbeit und Freude an der großen Schäkelauswahl beim Schiffsausstatter.

Pape’ete ist zu dieser Zeit auch das Zentrum des Heiva – Festivals. Aus ganz Polynesien kommen im Juni / Juli Tänzer, Chorsänger, Haka-Performer, Trommler und Sportler zusammen, um miteinander und gegeneinander anzutreten. Wir sehen einige der Performances auf Bildschirmen im Public Viewing, andere Live. Das Festival und die tropische Betriebsamkeit drumherum sind ein schönes I-Tüpfelchen auf unserem Besuch.

Startfoto: Die Sportler haben etwa drei Kilometer Strecke vor sich. Die Bürde auf ihren Schultern wiegt etwa 30 Kilo

Startfoto: Die Sportler haben etwa drei Kilometer Strecke vor sich. Die Bürde auf ihren Schultern wiegt etwa 30 Kilo

Jaja, Tahiti ist nicht nur was für die Jungs ;-)

Jaja, Tahiti ist nicht nur was für die Jungs 😉

Mina und Heide machen noch einen schönen Tagesausflug über die Insel, um überhaupt etwas zu sehen, was nicht Pape’ete ist. Fritze repariert derweil Alytes.

Badespaß mit den Mädels von der Hapa Na Sasa

Badespaß mit den Mädels von der Hapa Na Sasa

Ye olde tymes: Brücken aus den früheren Tagen der Kolonialisation

Ye olde tymes: Brücken aus den früheren Tagen der Kolonialisation

 

Nach genau einer Woche in der Marina werden wir nach Mo’orea aufbrechen, dem „Geschenk der Götter an die Polynesier“. Die Bezeichnung ist OK: Mo’orea ist tatsächlich einer der schönsten Flecken hier. Wir sind hin und hergerissen: Marquesas oder Mo’orea? Wer macht das Rennen. Landschaftlich beide großartig, Mo’orea bringt Riff, Wale, Lagune und natürlich die Nähe zur „Großstadt“ mit (die Insel ist in 30 Minuten von Pape’ete aus erreichbar). Die Marquesas sind dagegen noch ein wenig abgeschiedener, unverbrauchter und haben Mantas ohne Ende. Dort werden Pferde geritten statt auf dem Mofa zu fahren und die Menschen sind noch ein ganz kleines Bisschen netter. Wir entscheiden uns für einen Gleichstand.

Vor Mo'orea grüßt uns ein erster Wal

Vor Mo’orea grüßt uns ein erster Wal

Heide lässt sich von den glatten Rochen verwöhnen

Heide lässt sich von den glatten Rochen verwöhnen

Little Thrills: Mina schnorchelt mit einigen kleinen Schwarzspitzenriffhaien

Little Thrills: Mina schnorchelt mit einigen kleinen Schwarzspitzenriffhaien

Drei Tage verbringen wir unter den sattgrünen Hügeln der Insel. Wir tauchen in der Lagune, schnorcheln mit zutraulichen Rochen und scheuen Haien und warten in diesem kleinen Paradies auf ein Ersatzteil, das wir nach Tahiti bestellt haben. Es gibt wahrhaftig schlimmere Orte, um die Zeit totzuschlagen.

Bücher:

Roger Matthews, Armed Robbery
Patrick O’Brian, The Mauritius Command

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